„Ohne das Aufstiegsstipendium hätte ich den Schritt nicht gemacht“

Nach seiner Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bildete David Aßmann sich zunächst zum Industriemeister Metall weiter. Nach einem Jahr an der Theologischen Hochschule Friedensau entschied er sich für ein Lehramtsstudium für berufliche Schulen an der Universität Gießen und hat inzwischen seinen Master begonnen. Das Wichtigste auf seinem Weg sind für ihn Menschen, die an einen glauben und unterstützen – etwa durch das Aufstiegsstipendium, durch das er auch während seines Master-Studiums gefördert wird.


Herr Aßmann, nach Ihrem Abitur haben Sie eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker absolviert. Wie waren Sie auf den Beruf gekommen?

Mein Vater ist gelernter Dreher, so hieß der Beruf früher. Dreh- und Fräsmaschinen und die Fertigung von Metall hatten mich als Kind immer interessiert. Neben seiner Arbeit in einem größeren Unternehmen betrieb mein Vater eine kleine Dreherei, in der er selbst nicht beschäftigt war. Dort konnte ich dann meine Ausbildung machen.

Wie gefiel Ihnen die Ausbildung?

Für mich war der Schritt sehr wichtig. Eine geregelte Struktur zu haben und Verantwortung für mein Leben zu übernehmen, hat mir sehr gutgetan. Mit einem Ziel vor Augen habe ich dort erstmals erlebt, was es bedeutet, motiviert und mit Freude zu lernen. Auf dem Gymnasium hatte ich vorher auch einige negative Erfahrungen gemacht. Durch den Praxisbezug der Berufsschule war dies ganz anders. Die Ausbildung konnte ich daher verkürzen und sehr gut abschließen. Erstmals habe ich erlebt, dass sich Begeisterung für das Lernen und Fleiß auszahlen.

Wie ging es beruflich für Sie weiter?

Ich blieb noch knapp drei Jahre in dem Betrieb meines Vaters und nutzte die Zeit für eine Weiterbildung. Nach der Ausbildung hatte mich die IHK Lahn-Dill eingeladen und mir auch Informationen über das Weiterbildungsstipendium gesandt. Ich bewarb mich und wurde in das Programm aufgenommen. Weil ich schon auf der Berufsschule gemerkt hatte, dass es mir Spaß macht, anderen etwas zu erklären, bildete ich mich an einer Abendschule berufsbegleitend zum Industriemeister Metall weiter. Tagsüber arbeitete ich in der Firma, abends lernte ich auch im Selbststudium für die Weiterbildung. Nach eineinhalb statt wie üblich zweieinhalb Jahren meldete ich mich zur Prüfung an und es klappte. Die Zeit war aber sehr intensiv und erforderte viel Selbstdisziplin. Dabei hatte ich immer Menschen, die an mich glaubten, zum Beispiel einen Arbeitskollegen, der sagte: Du schaffst das. Das hat mir neben meinem persönlichen Glauben immer sehr geholfen.

Was folgte nach Ihrer erfolgreichen Weiterbildung?

Ein Jahr nach der Weiterbildung entschieden wir aus familiären Gründen, die eigene Firma, in der ich noch arbeitete, zu verkaufen. Weil ich bis dahin vor allem im Bereich Kleinmechanik gearbeitet hatte, fehlte mir die Großmechanik im Portfolio. Ich ging deshalb für ein halbes Jahr als Zerspanungsmechaniker zu einem größeren Unternehmen, in dem bis zu zwei Tonnen schwere Teile gefertigt werden. Anschließend nahm ich mir ein Jahr Zeit und lernte an der Theologischen Hochschule Friedensau in der Nähe von Magdeburg Altgriechisch und Hebräisch.

Dachten Sie in der Zeit auch über ein Studium nach?

Mir sagten immer wieder Leute, dass ich gut mit Menschen arbeiten könnte und in der Ausbildung arbeiten sollte. Ich hatte die Optionen eines Theologie-Studiums oder eines Studiums der Sozialen Arbeit. Entschieden habe ich mich dann für die berufliche Bildung und den berufsschulischen Weg, weil ich dort die Arbeit mit Menschen und meine Leidenschaft für Maschinen miteinander verbinden konnte. Ein weiterer Auslöser war, dass mir die SBB während meiner Zeit an der Theologischen Hochschule einen Flyer mit Informationen zum Aufstiegsstipendium sandte. Ich dachte: Wenn da jemand an mich mit meinem 3,1er-Abi glaubt und mir ein Stipendium anbietet, möchte ich den beruflichen Weg auch weitergehen. Ich bewarb mich um das Stipendium, wurde angenommen und suchte einen Studienplatz. Ohne das Aufstiegsstipendium hätte ich den Schritt nicht gemacht.

Wie haben Sie den
Studiengang ausgewählt?

Ich wusste, dass man bei uns in der Nähe an der Universität Gießen für das Lehramt an beruflichen Schulen studieren konnte. Das passte und ich schrieb mich dort ein. Berufliche und Betriebliche Bildung (BBB) heißt der Studiengang genau.

Wie verlief Ihr Start ins Studium?

Es war hart. Auf der Schule hatte ich im Mathe-Grundkurs fünf Punkte und musste mich jetzt zum Beispiel mit höherer Mathematik und technischer Thermodynamik befassen. Durch meine erste Klausur fiel ich gleich durch, allerdings bei einer insgesamt sehr hohen Durchfallquote. Die meisten Leute, mit denen ich anfing, haben das Studium irgendwann abgebrochen. Ich konnte in keiner Weise an den Inhalten meiner Industriemeister-Weiterbildung oder gar der Ausbildung anknüpfen, das war gar kein Vergleich. Mir wurden auch trotz meiner Praxiserfahrung und der Industriemeister-Weiterbildung keine Qualifikationen anerkannt, nicht einmal im Bereich Fertigungsverfahren.

Geschafft haben Sie das Studium trotzdem.

Ich funktioniere immer dann gut, wenn ich sozusagen oben mitspielen kann. Ich musste mich also in eine Position kämpfen, in der ich auch wieder anderen etwas erklären konnte. Wie die praktischen Dinge funktionierten, wusste ich, musste aber das theoretische Wissen aus der Abiturzeit nachholen. Daher überlegte ich, wen ich von meinen früheren Wegen kannte und wer mir die theoretischen Grundlagen in Mathe, Physik und Chemie beibringen konnte. So kam ich zum Beispiel auf einen früheren Mitschüler, der auf dem Gymnasium ein absolutes Mathe-Ass war und es nun tatsächlich schaffte, mich mit privater Nachhilfe in den verschiedenen mathematischen Disziplinen an der Uni auf ein sehr gutes Notenlevel zu heben. Ich bin dann durch keine Klausur mehr durchgefallen. Das funktioniert nach meiner Erfahrung nur mit Menschen, die eine Beziehung zu einem haben. Dabei durfte ich immer erfahren, dass auch die SBB an mich glaubte. Als es am Anfang des Studiums schwierig war, erkundigten sich meine Stipendienbetreuerinnen bei der SBB, welchen Plan ich hätte, um den Stoff nachzuarbeiten, haben aber nie Druck ausgeübt. Dafür bin ich sehr dankbar.

Wie sehr hat das Stipendium Ihnen beim Studium geholfen?

Ich wüsste nicht, wie ich es ohne das Aufstiegsstipendium hätte schaffen sollen, sowohl finanziell als auch zeitlich die Nachhilfe und das Studium unter einen Hut zu bringen. Mir war es auch wichtig, mich mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten zu vernetzen und an regionalen Treffen teilzunehmen. Das waren immer wertvolle Erfahrungen.

Sie befinden sich inzwischen im Master-Studium. War der Schritt notwendig, um später das Lehramt ausüben zu können?

Ja und nein, um das Berufsschullehramt in der technischen Fachrichtung Maschinenbau auszuüben, hätte der Bachelor gereicht. Der Master bietet die Möglichkeit für ein Zweitfach und damit auch bessere Chancen für eine Tätigkeit an Berufsschulen. Meine erste Wahl war Religion, weil ich schon das Graecum und das Hebraicum hatte. Das war leider nicht möglich, weil ich Mitglied einer Freikirche bin und mir die Landeskirche deshalb vermutlich nicht die Vocatio, also die kirchliche Zulassung für den Religionsunterricht, erteilt hätte. Deshalb entschied ich mich für Englisch als Zweitfach. Im Englisch-Grundkurs auf dem Gymnasium bin ich früher auch eher mit fünf oder sechs Punkten herumgekrebst. Ich musste erst den IELTS-Test bestehen, um Englisch studieren zu können, habe aber während des Endes meines Bachelor-Studiums auch das geschafft und schon einige Module belegt. Im Master-Studium werde ich ebenfalls durch das Aufstiegsstipendium gefördert, wofür ich unendlich dankbar bin. Im kommenden Jahr werde ich das Studium abschließen können.

Was raten Sie Berufstätigen, die über ein Studium nachdenken?

Der Beruf sollte einen persönlich im Herzen ausfüllen und man muss ehrlich zu sich sein, was einem noch fehlt – dann kann man einen solchen Schritt wagen und es ist auch viel möglich. Eine klare Vision und Überzeugung vom Studium sind auf dem Weg sicherlich hilfreich. Auch sollte man ehrlich zu sich selbst sein, in welchen Bereichen man noch Defizite hat. Dann kann man einen solchen Schritt wagen und es ist auch viel möglich. Meine Lehrer fanden, dass ich auf keinen Fall Mathe und Englisch als Leistungskurse wählen sollte, und dennoch konnte ich Maschinenbau und Englisch an der Uni studieren. Das Wichtigste sind Fleiß, Einsatz und natürlich Menschen, die an einen glauben und einen unterstützen.

Interview: Heinz Peter Krieger