„Die Zusage für das Stipendium erleichterte mir die Entscheidung“

Maschinenbau-Studium mit Aufstiegsstipendium

Nach seiner Ausbildung zum Technischen Zeichner bildete sich Jürgen Eichner zum Maschinenbautechniker weiter und studierte anschließend Maschinenbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Im Interview erzählt er, wie ihm die Förderung durch das Aufstiegsstipendium die Entscheidung für ein Studium erleichterte und wie die Corona-Pandemie das Ende seines Studiums beeinflusste.


Nach der Mittleren Reife haben Sie eine Ausbildung zum Technischen Zeichner absolviert. Wie waren Sie auf den Beruf gekommen?

In der Realschule hatten wir das Fach Technisches Zeichnen. Dort konnte ich erste Projekte mit einem CAD-System durchführen. Da ich schon sehr computeraffin war, gefiel mir das natürlich gut. In den Sommerferien machte ich dann ein Praktikum als Technischer Zeichner bei einem Industrieunternehmen in der Nähe von München, das auf industrielle Dichtungstechnik spezialisiert ist. Ein gutes Jahr nach dem Praktikum bewarb ich mich dort um einen Ausbildungsplatz und konnte nach dem 10. Schuljahr beginnen.

Was gehört alles zu den Aufgaben eines Technischen Zeichners?

Dazu zählen das Konstruieren von Zusammenbau- oder Gesamtzeichnungen und Detailzeichnungen für die Fertigung, Änderungen bestehender Zeichnungen, Nachrechnungen und natürlich die Kommunikation mit den Kunden. In der Ausbildung legte unsere Ausbilderin viel Wert darauf, dass wir noch das Zeichnen in 2D per Hand lernten. Dann kam aber schnell der Übergang zum digitalen Zeichnen in 3D, wie es heute Standard ist. Deshalb wurde der Beruf des Technischen Zeichners inzwischen umstrukturiert und durch die Ausbildungen zum Technischen Produktdesigner und Technischen Systemplaner ersetzt.

Wie gefiel Ihnen die Ausbildung?

Sehr gut. In den ersten drei Monaten waren wir viel in der Werkstatt und lernten zusammen mit den Industriemechanikern die Basics wie in allen Metallberufen – mit Bohren, Feilen, Fräsen, Arbeit an CNC-Maschinen und den Grundlagen in Hydraulik und Pneumatik. In der Fertigung erfuhren wir, wie die Teile gefertigt werden, für die wir später die Konstruktionszeichnungen erstellen sollten. Vereinfacht gesagt geht es um die Herstellung hochkomplexer mechanischer Dichtungen für verschiedene Anwendungen in der Industrie, die zum Beispiel bei hohen Drücken, etwa in einem Kompressor, die rotierende Welle gegen das starre Gehäuse abdichten. Danach ging es los mit dem Zeichnen und ab dem zweiten Ausbildungsjahr in die Fachabteilungen. Dort konnten wir uns schon anschauen, welche Abteilungen uns besonders gefielen und wo wir später möglicherweise arbeiten wollten.

Konnten Sie nach der Ausbildung in dem Unternehmen bleiben?

Ja, ich arbeitete direkt am Tag nach der Abschlussprüfung in der Abteilung weiter, in der ich vorher in der Ausbildung war. Nach einem Jahr begann ich dann eine dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung zum Maschinenbautechniker und besuchte zusammen mit zwei Kollegen die Technikerschule München.

Ließen sich Berufstätigkeit und Weiterbildung gut miteinander vereinbaren?

Aufgrund meiner Mittleren Reife konnte ich die Weiterbildung von vier auf drei Jahre verkürzen. Dadurch waren die ersten zwölf Monate allerdings etwas heftiger, weil hier die beiden ersten Jahre komprimiert wurden. Unterricht hatte ich montags bis freitags jeweils von 17 bis 21 Uhr. Mir half, dass der Technische Zeichner ein sehr theoretischer Beruf ist, in dem man eine gewisse Vorstellungskraft braucht. Dadurch fiel mir die Weiterbildung recht leicht und ich musste über den Schulunterricht hinaus nicht viel lernen.

Dachten Sie damals schon daran zu studieren?

Dass ich gerne studieren wollte, merkte ich schon früh in der Techniker-Weiterbildung. Nach der Weiterbildung ging es dann schnell, ich begann direkt im folgenden Semester mein Maschinenbau-Studium. Mit dem Abschluss als Maschinenbautechniker hatte ich auch die Möglichkeit, an einer Uni in England nach einem nur einjährigen Studium den Bachelor zu bekommen. In Deutschland wurden im Studium dagegen nur wenige Leistungen anerkannt. Meine Chefs rieten mir aber von dem Schnellstudium in England ab: Wenn es mir nicht nur um den Titel ginge und ich ein vernünftiger Ingenieur werden wollte, sollte ich lieber in Deutschland studieren (lacht). So habe ich es dann auch gemacht und ein Maschinenbau-Studium am KIT, dem Karlsruher Institut für Technologie, begonnen. Meinen Job musste ich kündigen, weil eine mehrjährige Freistellung nicht möglich war. Ich hatte aber bereits die Zusage der SBB für das Aufstiegsstipendium, das erleichterte mir die Entscheidung. Die Umstellung vom Vollverdiener zum Studenten fand ich dennoch nicht einfach.

Wie verlief der Start ins Studium?

Vor dem Studium hatte ich sehr großen Respekt. Mein Ziel war, es irgendwie zu schaffen, ohne Prüfungen wiederholen zu müssen, auch weil das Aufstiegsstipendium nur für die Regelstudienzeit gewährt wird. In Mathematik nahm ich von Anfang an Nachhilfe, weil ich wusste, dass ich gegenüber meinen Kommilitonen mit Abitur im Nachteil sein würde. Im Studium habe ich zum Beispiel das erste Mal ein Integral gelöst. Ein Rat von mir ist, im ersten Semester, wenn der Stundenplan noch nicht so vollgepackt ist, einige Module vorzuziehen. Das habe ich bis zum Schluss so gehalten. Das verschafft Luft zum Ende des Studiums und man lernt früh Kommilitonen aus höheren Semestern kennen, die einem gute Tipps geben können. Bei mir hat das Studium vom ersten Semester an sehr gut funktioniert. Ich habe alle Prüfungen im ersten Anlauf bestanden und den Bachelor mit der Note 2,2 abgeschlossen.

Haben Ihnen im Studium Ihre praktischen Erfahrungen geholfen?

Erlassen wurde mir nur das Industriepraktikum, aber keine Leistungsnachweise. Dafür brachten mir meine Erfahrungen als Konstrukteur in den vier Semestern Maschinenkonstruktionslehre einen riesigen Vorteil. In dem Fach konnte ich auch meine Kommilitonen gut unterstützen. Diese halfen mir dagegen in anderen Fächern, außer Mathe zum Beispiel Elektrotechnik oder Technische Mechanik, wo Mathematik ebenfalls eine große Rolle spielt.

Wie hatten Sie vom Aufstiegsstipendium erfahren?

In einer Infoveranstaltung an der Technikerschule zum Studium in England ging es auch um Möglichkeiten der Studienfinanzierung. Anschließend recherchierte ich selbst im Internet und stieß auf das Aufstiegsstipendium. Die Kriterien erfüllte ich knapp. Bei der Bewerbung hatte ich mir gar keine großen Hoffnungen gemacht, aber es hat geklappt.

Wie sehr hat das Stipendium Ihnen das Studium erleichtert?

Es war eine große Erleichterung, weil ich die Förderung erhielt, ohne im Hinterkopf zu haben, sie später zurückzahlen müssen. Parallel zum Studium hatte ich fast immer noch kleinere Werkstudentenjobs in Unternehmen oder als wissenschaftliche Hilfskraft an der Uni. So kam ich dann gut zurecht. Sehr hilfreich fand ich auch das Seminar ‚Schneller lesen‘ aus der ideellen Förderung der SBB. Inzwischen befinde ich im ersten Semester im Master-Studium an der TU München und erhalte keine Förderung mehr. Da merke ich den Unterschied schon deutlich.

Warum wollten Sie den Master anschließen?

Dass ich bis zum Master gehen wollte, war mir von Anfang klar. Sonst wäre für mich der Vorteil gegenüber meinem Abschluss als Maschinenbautechniker nicht groß genug gewesen. In der ersten Vorstellungsvorlesung zum Bachelor-Studium am KIT hieß es schon: ‚Wer hier ist, ist für den Master hier.‘ Gerade in Deutschland ist bei den älteren Führungskräften der frühere Diplom-Ingenieur noch sehr präsent und der Master gilt als der äquivalente Abschluss. Im Bachelor-Studium geht es sehr stark um die Grundlagen. Eigene Schwerpunkte kann ich jetzt im Master-Studium setzen.

Welche Schwerpunkte sind das?

Ich studiere im Master-Studiengang Aerospace, dem früheren Studiengang Luft- und Raumfahrt, der jetzt internationalisiert wurde. Die meisten Veranstaltungen finden auf Englisch statt. Ich interessiere mich besonders für Hochleistungskomponenten. Meine Bachelor-Arbeit habe ich bei einem bekannten Automobilhersteller geschrieben. Mit den Erfahrungen aus der Automobilindustrie und jetzt aus der Luft- und Raumfahrt bin ich später so breit aufgestellt, dass ich beruflich gute Auswahlmöglichkeiten haben sollte.

Was war das Thema Ihrer Bachelor-Arbeit?

Das Thema lautet: ‚Bewertung von Kunststoff-Materialmodellen für die Crash-Berechnung‘. Um Entwicklungskosten zu sparen, wird vor den Versuchsfahrten ein Crash am Computer simuliert. Dafür muss der Computer aber wissen, wie sich ein Material verhält. Hierfür gibt es ganz verschiedene mathematische Berechnungsansätze, sogenannte Materialmodelle. Davon habe ich vier miteinander verglichen und bewertet. Wegen der Corona-Pandemie war die Arbeit um ein halbes Jahr verschoben worden, begann dann aber genau mit dem zweiten Lockdown im November 2020. Im Unternehmen war ich genau einmal, nämlich um meinen Laptop abzuholen. Die Arbeit habe ich komplett von zu Hause aus geschrieben.

Wie wirkte sich die Corona-Pandemie auf das Studium aus?

Von meinen letzten sechs Klausuren konnte ich bis zum ersten Lockdown im März 2020 nur noch drei schreiben. Die weiteren wurden verschoben, die letzte fand erst nach Abschluss der Bachelor-Arbeit statt. Im Master-Studium komme ich mit den Online-Vorlesungen oft sogar besser zurecht als mit den Präsenzveranstaltungen. Wenn ich etwas nicht verstanden habe, kann ich zurückspringen und bleibe so besser am Ball. Aber es ist natürlich schwierig, Kontakte zu knüpfen, gerade im ersten Master-Semester an einer neuen Hochschule.

Ihr Tipp für Berufstätige, die den Sprung ins Studium wagen?

Gerade das Maschinenbau-Studium sollte man auf keinen Fall unterschätzen. Es hilft, sich früh zu strukturieren. Einige meiner Kommilitonen waren im ersten Semester bei sämtlichen Prüfungen durchgefallen – alles Abiturienten, die vor dem Studium noch nicht berufstätig waren. Im zweiten Anlauf haben sie es dann aber geschafft.

(Interview: Heinz Peter Krieger)