MTLA Simone Liere: "Man fragt sich immer wieder: Was steckt jetzt dahinter?"

Simone Liere begann nach ihrem Abitur ein Studium der Lebensmittelchemie. Noch im ersten Semester entschied sie sich, in eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin (MTLA) zu wechseln. Die Ausbildung absolvierte sie an der MTLA-Schule des Universitätsklinikums Münster und schloss sie mit der Gesamtnote 1,3 ab. 2014 bewarb sie sich erfolgreich um ein Weiterbildungsstipendium. Die Förderung nutzte sie für verschiedene fachliche und persönliche Weiterbildungen. Heute arbeitet Simone Liere als MTLA in einem Krankenhaus im niedersächsischen Damme.


Frau Liere, Sie haben eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin, also MTLA, absolviert. Was ist denn der Unterschied zwischen einer MTA und einer MTLA?

Früher wurden alle Tätigkeiten als MTA zusammengefasst. Inzwischen gibt es die Aufteilung zwischen MTRA für die Radiologie und MTLA für die Untersuchungen im Labor. Dort werden zum Beispiel alle Körperflüssigkeiten und Gewebeabstriche untersucht. Zur Ausbildung gehören die Hauptfächer klinische Chemie, Hämatologie, Mikrobiologie und Histologie/Zytologie.

Wie kamen Sie auf den Beruf?

Nach dem Abi hatte ich ein Studium der Lebensmittelchemie begonnen. Ich merkte jedoch bald, dass ich mit der Struktur und der Art des Lernens nicht gut zurechtkam. Beim Lernen bekam ich aber ein Chemie-Buch für die MTLA-Ausbildung in die Hand. Ich informierte mich näher, fand das Thema unheimlich spannend und entschied mich am Ende des ersten Semesters, mich umzuorientieren. Ich hatte das Glück, gerade noch ins folgende Ausbildungsjahr hineinzukommen.

Wo haben Sie die Ausbildung gemacht?

An der MTLA-Schule des Universitätsklinikums Münster. Die Ausbildung fand zum Teil in den Hörsälen und mit Dozenten des Uniklinikums statt. Die Praktika im dritten Ausbildungsjahr konnten wir ebenfalls in den Laboren der Uniklinik und an anderen Orten absolvieren. Ein weiterer Vorteil war, dass die Ausbildung kein Schulgeld kostete wie bei den meisten MTLA-Schulen. Es mussten nur einmalig 300 Euro für Arbeitsmaterialien bezahlt werden.

Das Studium vermissten Sie also nicht?

Nein, auf keinen Fall. Die Betreuung und Anleitung waren unheimlich intensiv und viel persönlicher als im Studium. Ich ziehe heute noch den Hut davor, was die Dozenten und
besonders die MTLA-Lehrerinnen uns alles an Wissen vermittelt haben und das auch wollten. Das wirkte im Studium nicht immer so, dort wurde teilweise auch gesiebt. Eine Hürde in der MTLA-Ausbildung ist für viele allerdings die Chemie.

Wie ging es für Sie nach der Ausbildung beruflich weiter?

Ich wollte zunächst in Richtung Forschung gehen, weil mir das Forschungspraktikum in der Ausbildung sehr gefallen hatte. In meinen Vorstellungsgesprächen lernte ich aber viele andere Möglichkeiten kennen. Ich entschied mich schließlich für die Schwerpunkte klinische Chemie und Hämatologie, um in diesen Bereichen in einem Krankenhaus in Münster arbeiten zu können. Dort blieb ich dreieinhalb Jahre und wechselte dann in ein Krankenhaus in Damme. Dort arbeite ich seit gut einem Jahr im Labor.

Nach der Ausbildung bewarben Sie sich um das Weiterbildungsstipendium. Wie hatten Sie davon erfahren?

In der MTLA-Schule wurde den neuen Auszubildenden während der ersten Veranstaltungen erklärt, wie die Ausbildung abläuft, etwa mit Zwischenprüfung und Examen. Dabei wurden wir auch schon über die Möglichkeit informiert, uns um das Weiterbildungsstipendium zu bewerben, wenn wir die Ausbildung mit 1,9 oder besser abschließen. Das war für viele ein zusätzlicher Anreiz, einen guten Abschluss zu schaffen.

Haben Sie sich direkt nach der Ausbildung um das Stipendium beworben?

Ich habe mir ein Jahr Zeit gelassen. Die Ausbildung war sehr anspruchsvoll. Deshalb wollte ich erst einmal durchschnaufen und mir während der Arbeit in dem Krankenhaus einen Überblick verschaffen, welche Fortbildungen mich wirklich weiterbringen. Das fand ich sinnvoller, als direkt nach der Ausbildung weiterzulernen. Allerdings fehlte mir dann fast das Lernen. (lacht)

Für welche Lehrgänge entschieden Sie sich?

Ich wollte mich fachlich weiterbilden und wählte zum einen Weiterbildungen aus, die mir unmittelbar bei der Arbeit weiterhalfen, zum Beispiel eine Weiterbildung in morphologischer Hämatologie. Hier lernt man vor allem das Differenzieren pathologischer Erkrankungen noch genauer kennen. Eine andere Fortbildung war in Liquorzytologie, dabei geht es um die Untersuchung von Hirnflüssigkeit. Ich habe aber auch Neues in Fachgebieten kennengelernt, in denen ich mich noch nicht so gut auskannte.

Zum Beispiel?

Das waren Fortbildungen in diagnostischer und molekularer Virologie sowie in Polymerase-Kettenreaktion, kurz PCR. Bei der PCR werden DNA- Abschnitte zunächst aufgetrennt und vervielfältigt und anschließend sichtbar gemacht. So lassen sich zum Beispiel Erreger bestimmen, ohne dafür erst eine Kultur züchten zu müssen. Das Verfahren wird angewandt, wenn es besonders schnell gehen soll. Ich konnte aber auch Kurse in allgemeinen Themen belegen, wie Kommunikation speziell für Frauen. Dafür, dass das Weiterbildungsstipendium auch solche Kurse unterstützt, bin ich sehr dankbar, weil ich glaube dass diese Lehrgänge viel bringen.

Wobei hat der Kurs Ihnen geholfen?

Ich bekomme einen Blick dafür, wie unterschiedlich das Sprachverhalten ist, und reflektiere, wie ich selber kommuniziere. Das hilft etwa, wenn es um die Kommunikation mit Führungskräften geht, die ja oft männlich sind. Es ist auch wichtig, wenn ich Konflikte offen ansprechen und dazu direkt auf die Menschen zugehen will. Das passiert im beruflichen Alltag schließlich regelmäßig.

Wie haben Sie sonst vom Weiterbildungsstipendium profitiert?

Gerade die morphologische Hämatologie, also das Differenzieren der Blutbilder, ist ein Bereich, in dem man umso mehr erkennt, je mehr man weiß. Ich werde jetzt häufiger zurate gezogen, wenn Problemfälle auftreten oder Zellen nicht zugeordnet werden können. Ich bin auch an Ringversuchen beteiligt. Das sind externe Kontrollen, an denen Labore teilnehmen müssen. Dabei wird festgestellt, ob alle Labore zu den gleichen Messergebnissen kommen.

Was ist für Sie das Besondere an Ihrem Beruf?

Schade ist manchmal, dass immer mehr Geräte unsere Aufgaben erfüllen. Andererseits muss man aber technisch sehr versiert und in der Lage sein, Wartungen und Reparaturen durchzuführen. Gleichzeitig finde ich es sehr reizvoll, die medizinischen Hintergründe zu kennen und zu verstehen, was gerade im Körper stattfindet. Das ist einfach ein spannender Mix.

Was sind Ihre weiteren beruflichen Pläne?

Ich möchte meine Kenntnisse weiter vertiefen und auch weitere Fortbildungen belegen. Unser Bereich verändert sich so schnell, dass man immer wieder vor Problemfällen steht, bei denen man sich fragt: Was steckt jetzt dahinter? Und ich möchte gerne im Labor noch mehr Verantwortung übernehmen.

(Das Interview führte Heinz Peter Krieger)