„Wer weiß, in welche Richtung er gehen will, sollte es auch versuchen“

Nach ihrem Abitur absolvierte Irene Bomkamp eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin. Ursprünglich war dies nicht ihr Wunschberuf – aber aus dem Plan B wurde ein Plan A. Die Ausbildung schloss sie als Innungsbeste ab und bildete sich mit Unterstützung durch das Weiterbildungsstipendium bald darauf zur Meisterin weiter.


Frau Bomkamp, Sie haben eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin absolviert. Wie waren Sie auf diesen Beruf gekommen?

Malerin und Lackiererin zu werden, war eher mein Plan B. Ursprünglich hatte ich vor, nach dem Abitur eine Ausbildung zur Gestalterin für visuelles Marketing oder zur Veranstaltungskauffrau zu machen. Für diese Berufe habe ich aber keine Ausbildungsstelle gefunden. Mein Vater ist selbst Maler und Lackierer und wusste von einem anderen Betrieb in unserer Nähe in Vreden. Dort fragte ich nach, ob sie noch Auszubildende brauchten. Der Betrieb hatte tatsächlich Stellen frei und ich konnte zur Probe arbeiten. Das gefiel mir so gut, dass ich dort die Ausbildung begann.

Wie war dann die Ausbildung – also Ihr Plan B?

Die Ausbildung gefiel mir ebenfalls sehr gut. Mit meinem Ausbildungsabschluss war ich dann sogar Jahrgangsbeste bei der Maler- und Lackierer-Innung Ahaus. Anschließend habe ich auch noch mal zur Probe als Gestalterin für visuelles Marketing gearbeitet, also in meinem ursprünglichen Wunschberuf. Da merkte ich aber, dass die Arbeit als Malerin und Lackiererin mir mehr Spaß machte und dass das Richtige für mich ist. Später habe ich in dem Beruf ja auch meinen Meister gemacht.

Arbeiteten in Ihrem Ausbildungsbetrieb auch Frauen als Handwerkerinnen oder waren Sie die erste?

Es gab vorher schon zwei weibliche Auszubildende und eine arbeitete auch noch als Gesellin in dem Betrieb, als ich anfing. Es war also nicht unüblich. Insgesamt gibt es zwar noch mehr Männer in dem Beruf, es kommen aber immer mehr Frauen dazu.

Wie ging es nach der Ausbildung beruflich für Sie weiter?

Ich habe zunächst als Gesellin weitergearbeitet. Es war aber klar, dass der Betrieb mich nicht langfristig übernehmen konnte. Ich hätte mich woanders bewerben können, aber ich wusste, dass ich nicht jahrelang als Gesellin auf dem Bau arbeiten wollte. Deshalb entschied ich mich für eine Weiterbildung und besuchte bei der Handwerkskammer Münster einen Vollzeitlehrgang zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung. Ich war familiär noch ungebunden und fand auch deshalb den Zeitpunkt für die Weiterbildung günstig. Der Vollzeitlehrgang dauerte elf Monate, in einem berufsbegleitenden Lehrgang wären es zwei Jahre gewesen.

Hatten Sie auch überlegt zu studieren? Das Abitur hatten Sie ja.

Ich hatte überlegt, Architektur oder Innenarchitektur zu studieren. Aber ich bin ein Mensch, der praktisch arbeiten und in Bewegung sein muss. Deshalb passte die Meister-Weiterbildung für mich besser als ein dreijähriges Studium.

Bei Ihrer Weiterbildung wurden Sie durch das Weiterbildungsstipendium gefördert. Wie hatten Sie von dem Stipendium erfahren?

Eine Bekannte, deren Söhne sich um das Stipendium beworben hatten, gab mir den Tipp. Ich bewarb mich ebenfalls und erhielt das Stipendium. Ich hatte auch erwogen, mich zur Technikerin weiterzubilden. Als ich in der Beratung zum Weiterbildungsstipendium erfuhr, dass ich es für die Meister-Weiterbildung verwenden konnte, war aber klar, dass ich es hierfür nutzen wollte.

Nach der Weiterbildung haben Sie sich eine neue Stelle gesucht?

Die Meisterprüfung habe ich vor einem guten Jahr abgelegt. Danach wollte ich zunächst noch einmal Berufserfahrung sammeln, weil ich zwischen Ausbildung und Meisterschule nur ein Jahr in dem Beruf tätig war. Jetzt arbeite ich in einem Maler- und Lackiererbetrieb in Dülmen. Es ist eine Gesellenstelle, aber dadurch, dass ich die Meisterprüfung abgelegt habe, erwartet mein Chef natürlich auch mehr von mir und ich habe mehr Verantwortung als früher. Ich bekomme deshalb auch schon die volle Entlohnung für Gesellen, die es nach dem Tarifvertrag eigentlich erst nach drei Jahren als Geselle gibt.

Was sind Ihre weiteren beruflichen Pläne?

Mein Ziel ist, mich neben der Arbeit auf dem Bau mehr um die Planung und Kalkulation der Projekte zu kümmern. Das ist wahrscheinlich eher in einer größeren Firma möglich.

Ihr Tipp für Berufstätige, die über eine Weiterbildung nachdenken?

Wer weiß, in welche Richtung er gehen will, sollte es auch versuchen. Auch wenn man mit der Weiterbildung noch kein bestimmtes Ziel verfolgt, sollten Interessierte sich neues Wissen aneignen. Manchmal ergeben sich dadurch Möglichkeiten, die man vorher nicht erahnen konnte.

Interview: Heinz Peter Krieger