Steuerberaterin Anne-Sophie Rogalla: "Mein Ziel hatte ich immer vor Augen"

Als Anne-Sophie Rogalla nach ihrem Abitur keinen Studienplatz bekam, entschied sie sich für eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Nach der Ausbildung fand sie doch noch den Weg ins Studium und studierte – gefördert durch das Weiterbildungsstipendium – berufsbegleitend Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. Anschließend legte sie die Steuerberaterprüfung ab und arbeitet heute als Steuerberaterin.

 

Frau Rogalla, Sie haben eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten absolviert. Wie waren Sie auf diesen Beruf gekommen?

Nach meinem Abitur wollte ich eigentlich studieren und bewarb mich an einigen Hochschulen. Das klappte jedoch nicht. Ein Bekannter meiner Eltern, der Steuerberater in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Dortmund war, machte mich auf diese Ausbildung aufmerksam und suchte zu der Zeit selbst Auszubildende. Ich bewarb mich kurzfristig und bekam die Ausbildungsstelle.

Was wollten Sie ursprünglich studieren?

Ich war thematisch recht breit aufgestellt und hatte mich um Studienplätze in Jura, Kommunikationswissenschaften und Kunst beworben. Meine Leistungskurse im Abitur waren Mathematik und Kunst. Die Kombination aus einer Neigung zu Zahlen und anderen Interessen gab es immer schon. Die Ausbildung zur Steuerfachangestellten passte also zumindest teilweise zu meinen ursprünglichen Studienwünschen und der kommunikative Kontakt zu den Mandanten ebenfalls.

Wie gefiel Ihnen die Ausbildung?

Es war ganz anders als das Studium, das ich eigentlich geplant hatte, aber ich fand mich schnell hinein. An zwei Tagen in der Woche fand die schulische Ausbildung statt. Dass Erlernte immer gleich umsetzen zu können, gefiel mir sehr gut, und der Kontakt zu den Mandanten war spannend und vielseitig. Ich entwickelte schnell großen Ehrgeiz und setzte mir das Ziel, die Ausbildung gut abzuschließen. Nach der dreijährigen Ausbildung wurde ich übernommen und arbeite heute noch in dem Unternehmen.

Wie hatten Sie vom Weiterbildungsstipendium erfahren?

Die Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe stellte das Förderprogramm auf ihrer Internetseite vor. Die Ausbildung hatte ich mit der Note ‚sehr gut‘ abgeschlossen und ich war unter 25, damit erfüllte ich die Voraussetzungen für das Weiterbildungsstipendium. Ich bewarb mich und bekam wenige Monate nach Ende meiner Ausbildung die Zusage.

War das für Sie der Anlass, doch noch zu studieren?

Zu studieren war bereits nach dem Abitur mein Wunsch gewesen. Nach der Ausbildung überlegte ich, ob ich diesen Weg noch gehen wollte. Die Zusage für das Weiterbildungsstipendium bestärkte mich, das Studium zu starten. Es war auch schön, dass es direkt weiterging. Ich war das strukturierte Lernen durch die Ausbildung gewohnt und habe gleich wieder losgelegt.

Nach welchen Kriterien haben Sie den Studiengang und die Hochschule ausgewählt?

Ich hatte vor, berufsbegleitend zu studieren, was eine Bedingung für die Förderung durch das Weiterbildungsstipendium ist. Nach der Ausbildung wollte ich ungern wieder ganz aus dem Beruf aussteigen. So konnte ich weiterhin Geld verdienen und es mir finanziell leisten, von zu Hause auszuziehen. Außerdem ist das Weiterbildungsstipendium für fachbezogene berufliche Qualifikationen vorgesehen. Deshalb lag es nahe, Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Das Fach interessierte mich sehr, weil es sowohl steuerliche als auch betriebs- und volkswirtschaftliche Aspekte einbezieht. In der Steuerberatung betreuen wir viele mittelständische Einzelunternehmen, bei denen die betriebswirtschaftliche Seite natürlich eine wichtige Rolle spielt. Für das berufsbegleitende Studium wählte ich die Fernuniversität Hagen aus.

Konnten Sie im Studium von Ihren praktischen Erfahrungen aus der Ausbildung profitieren?

Aus der Ausbildung konnte ich viele Inhalte einbringen und weiter vertiefen, etwa zu den Themen Buchführung, Controlling und Steuerrecht. Meine Bachelor-Arbeit schrieb ich ebenfalls über das Steuerrecht. Dabei half es mir sehr, dass ich meine Ausbildung in diesem Bereich absolviert und während des gesamten Studiums in dem Beruf weitergearbeitet hatte.

Wie ließen sich Berufstätigkeit und Fernstudium miteinander vereinbaren?

Das griff gut ineinander. Wenn man an der Fernuni Hagen in Teilzeit studiert, ist das Studium über einen längeren Zeitraum organisiert. Es steht dann mehr Zeit zur Verfügung und das Studium ist sehr gut mit dem Beruf vereinbar. Ich habe knapp fünf Jahre für das Fernstudium gebraucht. Beides über einen solch langen Zeitraum miteinander zu verbinden, ist natürlich auch anstrengend, und es erfordert ein gewisses Maß an Organisationstalent, Zeitmanagement und vor allem Selbstdisziplin. Das hatte ich aber zum Glück alles. Mein Ziel hatte ich immer vor Augen, weil ich wusste, dass der Weg mich hervorragend auf meinen weiteren beruflichen Werdegang vorbereitete.

Gab es während des Fernstudiums auch Präsenzphasen?

Das Studium ist als reines Fernstudium angelegt. Es gab aber freiwillige Präsenzveranstaltungen, die nachmittags und an den Wochenenden stattfanden, sowohl in Hagen als auch in anderen Studienzentren. Dort konnte ich meine Mitstudierenden kennenlernen und den Dozentinnen und Dozenten Fragen stellen. Für mich war es sehr hilfreich, fixe Termine vor Ort zu haben, weil man sich in dieser Zeit noch einmal intensiver mit den Themen beschäftigt hat und sich mit Kommilitonen austauschen konnte.

Wie ging es nach dem Studium für Sie weiter?

Ich wollte auf jeden Fall weitermachen und schrieb mich an der Fernuni für das Master-Studium in Wirtschaftswissenschaften ein. Mit einer Arbeitskollegin entschied ich zwischenzeitlich, dass wir gemeinsam die Steuerberaterprüfung ablegen wollten. Der Vorbereitungskurs dauerte eineinhalb Jahre. Die Prüfungen haben wir inzwischen bestanden und ich wurde zur Steuerberaterin bestellt. Mit dem Master-Studium hatte ich in dieser Zeit pausiert und führe es jetzt weiter.

Inwieweit hat sich durch das Studium und die Steuerberaterprüfung Ihre berufliche Situation geändert?

Das Unternehmen hatte mich schon während des Studiums und der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sehr unterstützt und mir Aufstiegsmöglichkeiten geboten. Nach der erfolgreichen Prüfung wurde ich als Steuerberaterin angestellt. Das Studium und die Steuerberaterprüfung haben sich also ausgezahlt. Für die Zeit nach dem Master kann ich mir vorstellen, mich zur Fachberaterin für Unternehmensnachfolge weiterzubilden. Das ist ein Bereich, der mich sehr interessiert und auch gut zur mittelständischen Klientel unseres Unternehmens passt.

Aus Ihrer Erfahrung: Wann ist der richtige Moment für eine Weiterbildung oder ein berufsbegleitendes Studium?

Je früher, desto besser – je stärker man noch im Lernmodus ist, desto leichter fällt es einem. Nach einer längeren Pause wieder in die Lernroutine zurückzufinden, stelle ich mir schwierig vor. Dadurch, dass es bei mir kontinuierlich weiterging, bekam ich immer alles gut unter einen Hut.

Interview: Heinz Peter Krieger