Berufliche Karriere nach Studienabbruch: "Durch die Weiterbildungen ist ein ganz neues Fundament da"
Als Stefan Schade merkte, dass ein Studium nicht das Richtige für ihn war, entschied er sich für eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Auf einer Veranstaltung seiner IHK erfuhr er vom Weiterbildungsstipendium und bildete sich zum Wirtschaftsfachwirt und Geprüften Betriebswirt weiter. Heute arbeitet er als Anwendungsbetreuer für ein Softwareunternehmen in Erfurt.
Herr Schade, Sie haben eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel absolviert. Wie waren Sie auf diesen Beruf gekommen?
Nach dem Abitur wusste ich nicht so recht, was ich machen wollte, und musste mich erst einmal sortieren. Ich begann ein Studium in Wirtschaftswissenschaften in Jena. Das Studentenleben machte mir aber keinen Spaß, mir fehlte vor allem die Praxis. Der Start verlief zwar recht gut, aber im Verlauf des zweiten Semesters entschied ich, nicht weiter zu studieren. Mich hatten jedoch die Wirtschaftsthemen wie Logistik, Kalkulation oder Organisation sehr interessiert. Ich schaute mich deshalb um, welche Ausbildungsberufe dazu passen würden. Das waren der Kaufmann im Groß- und Außenhandel und der Industriekaufmann.
Wie haben Sie Ihre Ausbildungsstelle gefunden?
Ich hatte online nach Stellen gesucht und wurde zu einigen Vorstellungsgesprächen eingeladen. Beim letzten Betrieb, der sich meldete, passte dann alles. Es war ein Großhandelsunternehmen für Tiefbau und Industrietechnik mit einem Netzwerk in ganz Deutschland und viel Erfahrung in der Ausbildung.
Spielte in den Vorstellungsgesprächen eine Rolle, dass Sie Ihr Studium abbrechen wollten?
Es war sogar ein großes Thema. Für den Niederlassungsleiter, mit dem ich das erste Gespräch bei meinem späteren Ausbildungsbetrieb hatte, war es sogar ein Pluspunkt. Er interessierte sich gerade für Bewerber, die eine zweite Chance suchten. Sie hätten schon etwas probiert, und bei ihnen sei die Chance größer, dass sie wissen, was sie wollen. Solche Personen seien auch in der Ausbildung häufig ganz anders engagiert.
Wie empfanden Sie die Ausbildung nach Ihren Erfahrungen an der Uni?
Die Ausbildung zu machen, war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Im Unternehmen konnte ich alle Abteilungen durchlaufen, von der Logistik im Lager bis zu den kaufmännischen Abteilungen. Durch mein wirtschaftliches Vorwissen hatte ich es an der Berufsschule nicht besonders schwer. Das hat mich aber auch motiviert. So viel wie in den drei Jahren hatte ich noch nie gelernt. Meine Erwartungen an die Ausbildung wurden mehr als erfüllt.
Wie ging es nach der Ausbildung weiter?
Ich blieb zunächst in dem Unternehmen und begann eine Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt. Diese konnte ich aber kaum mit meinen Arbeitszeiten vereinbaren. Vor allem im Sommer, während der Bausaison, schaffte ich es selten, nachmittags den Arbeitsplatz zu verlassen und rechtzeitig beim IHK-Lehrgang zu sein. Ich merkte schnell, dass ich in der Weiterbildung mehr verpasste, als ich schaffte. Ich wechselte deshalb den Arbeitgeber und auch die Branche und wurde Anwendungsbetreuer bei einem Softwareunternehmen in Erfurt. Die Firma war offen für Quereinsteiger, aber auch angetan davon, dass ich mich zum Wirtschaftsfachwirt weiterbildete. Dort bekam ich sehr viel Unterstützung und wurde zum Beispiel für die Prüfungsvorbereitungen freigestellt.
Wo war bei Ihrem Wechsel die Brücke zwischen Großhandel und Softwareberatung?
Das war die Thematik der beiden Unternehmen. Das neue Unternehmen ist spezialisiert auf Wasser- und Abwasserzweckverbände, die auch einen wichtigen Kundenstamm beim Großhandel für den Tiefbau bildeten. Ich helfe nun bei der Einführung der Software, schule die Kunden und begleite einzelne Projekte.
Was reizte Sie an der Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt?
Meine Ausbildung hatte ich sehr gut abgeschlossen, war hoch motiviert und wollte unbedingt weiterlernen. Vielleicht hatte mich auch gewurmt, dass ich das Studium nicht zu Ende gebracht hatte. Zuvor hatte ich bereits vom Weiterbildungsstipendium erfahren. Ich überlegte also, in welche Richtung ich mich mit dem Schwerpunkt Wirtschaft weiterbilden konnte, und sprach mit einer Weiterbildungsberaterin der IHK Erfurt. Dabei kam heraus, dass der Weg über den Wirtschaftsfachwirt und den Geprüften Betriebswirt der beste war.
Wie hatten Sie vom Weiterbildungsstipendium erfahren?
Ich erhielt von der IHK Erfurt die Einladung zu einer Veranstaltung, bei der die besten Azubis des Ausbildungsjahrgangs ausgezeichnet wurden. Dort gab es einen Informationsstand zum Weiterbildungsstipendium. Ich unterhielt mich mit einer Beraterin der IHK, nahm einige Unterlagen mit nach Hause und informierte mich im Internet. Wenig später schickte ich die Bewerbung und wurde in das Stipendium aufgenommen.
Die Weiterbildung zum Geprüften Betriebswirt anzuschließen, war für Sie dann eine logische Entwicklung?
Das war es, aber es ist auch nicht so einfach, wie manche sich das vorstellen. Neben einem tollen Job zwei- bis dreimal in der Woche abends oder auch am Wochenende zum Lehrgang zu gehen und sich den Stoff anzueignen, ist schon anstrengend. Im ersten Jahr nimmt man es noch so mit, nach drei Jahren war es für fast jeden hart. Da muss man natürlich durch und es wollen. Aber es war inhaltlich wahnsinnig interessant und es gab auch viele Überschneidungen mit meinem vorherigen Studium. Zusammen mit dem Wirtschaftsfachwirt konnte ich auch den Ausbilderschein machen. In einem Monat habe ich meine letzte Prüfung für den Betriebswirt, die Verteidigung der Projektarbeit.
Wie sehr hat Ihnen das Weiterbildungsstipendium geholfen?
Ohne das Weiterbildungsstipendium hätte ich die Weiterbildungen wahrscheinlich nicht gemacht. Es hat mir erst den Weg geebnet. Ich kam direkt aus der Ausbildung, musste Wohnung und Auto allein bezahlen – da hätte ich die Gebühren für den Lehrgang gar nicht zusammenbekommen. Die Unterstützung ist wirklich großartig. Den Unterschied spürte ich im letzten halben Jahr des Betriebswirte-Lehrgangs, weil die die Förderung nach drei Jahren ausgelaufen war.
Haben Sie beruflich schon von Ihren Weiterbildungen profitiert?
Auf jeden Fall. Ohne den Wirtschaftsfachwirt wäre ich für das neue Unternehmen gar nicht interessant gewesen. Neben dem allgemeinen wirtschaftlichen Wissen habe ich in den Weiterbildungen extrem viel zur Organisation und zu strukturellem Arbeiten gelernt. Dabei macht man selbst eine Entwicklung durch. Durch die Weiterbildungen und die beruflichen Erfahrungen ist ein ganz neues Fundament da.
Ihr Tipp an Berufstätige, die eine Weiterbildung absolvieren möchten?
Es muss einem bewusst sein, dass es nicht nebenbei geht – man muss sich einschränken und Freiräume schaffen. Man bekommt aber ein starkes Wissen, gepaart mit beruflichen Erfahrungen, was einem ein Studium direkt nach dem Abi so nicht liefern kann. Und es muss finanziell passen, eine Weiterbildung ist oft nicht günstig. Für mich war es auf jeden Fall der richtige Weg.
Interview: Heinz Peter Krieger