Philipp Hörl: „Zu lange sollte man mit der Weiterbildung nicht warten“

Nach seiner Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik verbesserte Philipp Hörl – gefördert durch das Weiterbildungsstipendium – in zwei Sprachkursen sein Englisch und bildete sich zum Industriemeister Elektrotechnik weiter. Glück im Unglück: Sein frisch erworbener Meister-Titel half ihm bei der Jobsuche, nachdem sein vorheriger Arbeitgeber den Betrieb schließen musste.


Herr Hörl, Sie haben eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik absolviert. Wie waren Sie auf diesen Beruf gekommen?

Bei den Praktika während der Schulzeit probierte ich verschiedene Fachrichtungen aus, zum Beispiel als Schreiner, Industriemechaniker und Elektroniker. Das Praktikum als Elektroniker machte ich in einem Industrieunternehmen. Ich fand die großen Maschinen sehr interessant, die Automatisierung, Robotik und Programmierungen waren etwas ganz Neues für mich. Ich bewarb mich bei verschiedenen Unternehmen in der Nähe meines Wohnorts um eine Ausbildungsstelle. Da ich erst 15 Jahre alt war, sollte sie gut per Bahn zu erreichen sein. Nach meinem mittleren Schulabschluss auf der Hauptschule konnte ich dann in Gunzenhausen bei einem Unternehmen aus der der Automobilzulieferindustrie beginnen, das auf Aluminium-Druckgusse spezialisiert war.

Wie gefiel Ihnen die Ausbildung?

Die war sehr abwechslungsreich. Ich konnte viel an den Maschinen arbeiten, selbst programmieren und habe mich teilweise auch mit um die Hauselektrik im Betrieb gekümmert. Die Berufsschule besuchte ich in Roth, die Verknüpfung von Theorie und praktischer Ausbildung funktioniert auch gut.

Die Ausbildung beendeten Sie mit der Abschluss-Note 1,8. Wie empfanden Sie das Lernen im Vergleich zu Ihrer Schulzeit?

Das Lernen war mir auch vorher nicht schwergefallen. Die Schule hatte ich mit der Note 1,6 abgeschlossen und hätte meine Schullaufbahn fortsetzen können. Ich wollte aber zunächst eine Ausbildung ausprobieren. Eine Umstellung war es natürlich, der Stoff auf der Hauptschule war allgemeiner. In der Ausbildung ging es in den Fachrichtungen viel mehr in die Tiefe, zum Beispiel in der Elektronik.

Wie ging es nach der Ausbildung beruflich für Sie weiter?

Das Unternehmen bot mir eine Stelle im Drei-Schicht-Betrieb an. Das habe ich dann auch zweieinhalb Jahre gemacht, bis ich für neun Monate einen Meister-Lehrgang bei einem Anbieter in Ingolstadt besuchte, um mich zum Industriemeister Elektrotechnik weiterzubilden.

Das war eine Weiterbildung in Vollzeit?

Genau. Mit dem Betrieb fand ich die Lösung, auf 450-Euro-Basis weiterzuarbeiten. So blieb ich in direktem Kontakt und konnte einspringen, falls mal Not am Mann war. Das kam aber nicht oft vor. Ich erhielt auch direkt einen Anschlussvertrag für die Zeit nach der Weiterbildung. Da gefiel mir die Tätigkeit noch besser, weil ich selbstständiger an den Maschinen arbeiten konnte, auch mal ohne Chef (lacht). Kurze Zeit später musste die Firma jedoch leider schließen.

Was haben Sie nach der Firmenschließung gemacht?

Ich hatte ja jetzt den Meister-Titel. Ich schaute mich nach Meister-Stellen um und fand auch recht schnell eine. Seitdem bin ich beim Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen als Industriemeister angestellt und zuständig für alle Niederlassungen der Abfallwirtschaft.

Bei Ihrem Meister-Lehrgang wurden Sie durch das Weiterbildungsstipendium gefördert. Wie hatten Sie davon erfahren?

Mein Bruder hatte das Weiterbildungsstipendium auch schon erhalten, und kurz nach meiner Ausbildung erhielt ich selbst einen Brief der von der IHK Nürnberg für Mittelfranken, in dem sie über die mögliche Förderung durch das Stipendium informierte. Ich bewarb mich bei der IHK um das Stipendium und wurde aufgenommen. Die Förderung war dann auch ein guter zusätzlicher Anreiz, die Weiterbildungen anzugehen.

Wie haben Sie Ihre Weiterbildungen ausgewählt, die durch das Weiterbildungsstipendium gefördert wurden?

Vor dem Meister-Lehrgang besuchte ich zunächst zwei Sprachkurse, um mein Englisch zu verbessern. Zuerst hatte ich Einzelunterricht bei einer Privatdozentin in Deutschland, dann buchte ich über einen Sprachreisen-Anbieter einen zweiwöchigen Sprachkurs in San Francisco. Nach den zwei Wochen fuhr ich privat noch mit einem Freund entlang der kalifornischen Küste bis nach Los Angeles. Englisch hatte ich zuvor nur auf der Hauptschule, da haben mir die beiden Kurse sehr geholfen. In meiner Klasse in der Sprachschule in San Francisco waren 15 Schülerinnen und Schüler aus aller Welt, zum Beispiel aus Argentinien, Brasilien, China und Frankreich. Da war klar, dass nur Englisch gesprochen wurde, und in der Gastfamilie, bei der ich wohnte, ebenso.

Wie sehr hat das Stipendium Ihnen die Weiterbildungen erleichtert?

Ohne das Weiterbildungsstipendium hätte ich wahrscheinlich keine Sprachreise gemacht und den Meister-Lehrgang erst später begonnen. Für mich war es eine große Erleichterung, die Weiterbildung in Vollzeit absolvieren zu können. Ich wusste, dass ich neun Monate lang fast nichts verdienen würde, aber auch, dass ich in der Zeit meinen Meister erlangen konnte. Ohne das Weiterbildungsstipendium hätte ich wohl einen berufsbegleitenden Lehrgang gewählt. Dann hätte ich Beruf und Weiterbildung längere Zeit miteinander vereinbaren müssen oder vor dem Meister-Lehrgang mehr gearbeitet und die Mehrarbeit für die Weiterbildung genutzt. Bei meinem Arbeitgeber hatte ich das schon angesprochen. Das ist auch mein Rat vor einer Weiterbildung: sich mit dem Betrieb darüber auszutauschen, meistens findet sich dann eine Lösung.

Wie wirkte sich die Corona-Pandemie auf die Weiterbildungen aus?

Der Meister-Lehrgang begann im Herbst 2020 und konnte zunächst in Präsenz mit Maskenpflicht stattfinden. Im Winter musste auf Online-Unterricht umgestellt werden. Anfangs war das für beide Seiten schwierig, aber nach einiger Zeit lief es, auch mit online durchgeführten Gruppenarbeiten. Wir mussten selbstständiger lernen und für Nachfragen wäre manchmal Präsenzunterricht besser gewesen. Aber dafür, dass es eine ganz neue Situation war, funktionierte es sehr gut.

Haben Sie von Ihren Weiterbildungen schon profitieren können?

Auf jeden Fall. Dass mein Betrieb schließen musste, kurz nachdem ich die Meister-Prüfung bestanden hatte, war ja Zufall. Aber umso hilfreicher war es dann bei der Jobsuche, dass ich den Meister schon hatte.

Was sind Ihre weiteren beruflichen Pläne?

Demnächst möchte ich den TREI-Schein machen. Das ist der Sachkundenachweis für die ‚Technischen Regeln Elektroinstallation‘, der erforderlich ist, um sich ins Handelsregister eintragen lassen und sich selbstständig machen zu können. Später als Meister selbstständig zu arbeiten, kann ich mir vorstellen. Aber erst einmal möchte ich auf der Position weitermachen, die ich jetzt habe.

Ihr Tipp: Wann ist der passende Zeitpunkt für eine Weiterbildung zum Meister?

Etwas Berufserfahrung sollte man vor einem Meister-Lehrgang sammeln, sonst wird es schwierig. Da muss man schon etwas können. Und es muss auch zur privaten Situation passen, das ist bei jedem ganz unterschiedlich. Ich habe während des Meister-Lehrgangs zum Beispiel mit meiner Freundin noch das Haus saniert … Zu lange sollte man mit der Weiterbildung aber nicht warten. Irgendwann fehlt der Mumm, sich zu überwinden. Wer glaubt, dass er es schaffen kann, sollte es auch zeitnah machen, und es nicht auf die lange Bank schieben.

Interview: Heinz Peter Krieger